Donnerstag.
Feiertag. Genau genommen „Vatertag“. Freitag. Brückentag. Genau genommen zusammen
mit dem darauffolgenden Samstag und Sonntag ein herrlich langes Wochenende, das
nach Kurzurlaub schreit.
Für
dieses mal habe ich mir den Harz vorgenommen. Rund um den Brocken möchte ich
die Städtchen Goslar, Wernigerode, Quedlinburg, Bad Harzburg und Hahnenklee
besuchen.
Warum
mir Goslar besonders gefallen hat, und was das mit „am Schnürchen laufen“, „etwas
ausbaden“ oder gar „Hose runterlassen“ zu tun hat, habe ich zu Papier gebracht:
Goslar. Wo Reisen bildet.
Pittoreske Fachwerkhäuser, hübsche Gässchen und
einen Hausberg. Diese Beschreibung könnte auf ein Städtchen im Odenwald
zutreffen. Eine beeindruckende Kaiserpfalz schränkt die Auswahl dann allerdings
schon wieder auf ziemlich genau drei Orte in Deutschland ein.
Die Kaiserpfalz in Goslar spricht mich zuerst
einmal so gar nicht an. Fast hätte ich den Fehler begangen mich wegen des
beinah unscheinbaren Äußeren von einer Führung abhalten zu lassen.
Zum Glück
folge ich dann aber doch einer Stadtführerin ins Innere. Prompt klappt meine
Kinnlade nach unten. Wow. Jetzt bin ich doch beeindruckt. Die Wandbilder des
Kaisersaals sind großartig. Mal abgesehen von der reinen Optik verbirgt sich
pure Geschichte in jedem Werk. Die Stadtführerin erklärt geduldig Bild für Bild
die wichtigsten Aussagen. Besonders interessiert lausche ich ihrer Ausführung
über den mehrteiligen Dornröschenzyklus. Die Allegorie zur Historie des
Deutschen Reichs fasziniert mich. Es schwant mir was mit „bildender Kunst“
gemeint ist. Die anderen Werke sind nicht minder ansprechend und hintergründig.
Eine Führung darf man hier unter gar keinen Umständen verpassen. …finde ich.
Auf den Häuserfassaden rund um den Marktplatz, den
die Stadtführerin im Anschluss mit der kleinen Gruppe Wissensdurstiger besucht,
sind Symbole für verschiedene Gewerke dargestellt. Auch hier lerne ich einiges
dazu. Insbesondere der Ursprung von Sprichworten amüsiert mich und verschafft
mir mehr als einen Aha-Moment:
Es
läuft wie am Schnürchen
Als Kutschen und Droschken die Hauptverkehrsmittel
waren, gab es eine Schnur vom Innenraum der Kutsche zum Kutscher. Wenn es
schneller gehen sollte, zog der Passagier einmal an der Schnur und ein
Glöckchen signalisierte dem Kutscher “Schneller!”. Klingelte es zweimal, hieß
das “Noch schneller!”. Und so weiter. Es lief dann buchstäblich “Wie am
Schnürchen.”
Etwas
ausbaden
In den Mittelalterlichen Badanstalten zahlte man
Eintritt. Reiche Leute konnten sich frisches Wasser in den Zubern und Wannen
leisten. Weniger betuchte Menschen badeten im benutzten Restwasser der Reichen.
Die
Hose runterlassen
Konnte früher jemand seine Rechnungen auf dem
Markt nicht bezahlen, wurde er öffentlich angeprangert. Ihm wurden die Hosen
runtergezogen, und er wurde mehrmals mit dem nackten Hintern auf einen Stein gestupst.
Ja, Reisen bildet.
Damit das Gehirn bei so viel Wissens-Futter auch
entsprechend mit Kohlehydraten versorgt wird (es findet sich doch immer eine
gute Ausrede irgendetwas leckeres zu naschen) lasse ich mich in einen bequemen
Korbstuhl vor der „Butterhanne“ fallen, und bestelle „Einen Windbeutel mit
Eierlikör, bitte.“
Die Menge Kohlehydrate, die die freundliche
Kellnerin mir wenige Minuten später serviert reicht locker noch für die
nächsten drei Ausflugs-Tage. Eine riesige Menge Brandteig, gefüllt mit einer
gigantischen Menge geschlagener Sahne und einem beherzten Schuss Eierlikör.
Schon wieder „Wow“.
Goslar gefällt mir so gut, dass die anderen Städtchen
in meiner Gunst hintenanstehen. Wernigerode kommt in meinem persönlichen
Ranking direkt auf Platz zwei. Das malerische Märchenschloss, das über dem Ort
thront ist einen Besuch wert. Wahlweise kann man zu Fuß hinauf schlendern, oder
mit einer kleinen Bimmelbahn hinauffahren. Nach dem Monster-Windbeutel in
Goslar stellt sich die Frage für mich nicht: Ich laufe und genieße den
wunderschönen Harz.
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