ANTWERPEN, GENT, BRÜGGE & BRÜSSEL: Die fantastischen vier

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„Was willst Du drei Tage in Belgien?“ fragt meine Freundin verwirrt.

„Prachtvolle Gilde-Häuser anschauen. An den romantischen Wasserstraßen entlang schlendern. Fritten mit Mayo schlemmen und mit ordentlich Bier nachspülen. Testen welche Waffeln mir besser schmecken: Brüsseler oder Lütticher. Manneken Pis ansehen, und –wenn möglich- peinliche, unsittliche Fotos knipsen. Ein Eisenkristall in 165 milliardenfacher Vergrößerung sehen. Ach, und dann noch echte (!) Belgische Schokolade einkaufen!“ Beim letzten Satz seufze ich wohlig und als hätte eine Glocke geklingelt läuft mir wie dem Pawlowschen Hund das Wasser im Mund zusammen.


Mir ist schon klar, dass sich das nach einem Wochenende mit vier Kilo Hüftgold als dauerhaftes Souvenir anhört, aber Waffeln, Schokki, Fritten und Bier gehören eben irgendwie zu Belgien. Es wird schon seinen Grund gehabt haben, dass ausgerechnet ein Maler flämischer Herkunft runde, hüftspeckige Frauen gemalt hat.


Von der Autobahn kommend dämpft Antwerpen meinen anfänglichen Enthusiasmus. Die Stadt zeigt sich von ihrer multikulturellen Seite. 170 Nationen, verteilt auf eine halbe Millionen Einwohner resultieren in den Wohngebieten am Stadtrand in einem Bild, das so viele große Städte in ihren Randlagen prägt. Verkommene Häuser, dreckige Straßen und chaotisches Durcheinander.

Das Zentrum um Kathedrale und Rathaus versöhnt mich jedoch schnell wieder mit Antwerpen. Sehr touristisch zwar, aber auch entsprechend lebendig und abwechslungsreich. Eine kleine Gasse als Überbleibsel der alten Zeit versprüht romantisches Flair. Die Luft duftet nach Waffelteig und Pommes-Fett. Herrlich. Der Bahnhof ist –wenn man der Stadtführerin glaubt- einer der schönsten Europas. Gegenüber ein Chinesisches Tor. Der Eingang nach „Chinatown“.

Antwerpen ist so ein bisschen „Das Ding“ unter den Fantastic Four. Bodenständig, urban und neuzeitlich.


Gent, die „Invisible Woman“ meines Belgischen Superhelden-Quartetts, ist eine echte Schönheit. Ehemals zweitgrößte Stadt Europas (nach Paris), ist sie bescheiden geworden. Beschaulich und adrett. Gemütlich an der Leie entlang spazieren und die Fassaden der alten Handelshäuser bewundern. So kann man wunderbar den Tag genießen.

Wenn ich in Gent ahnen würde, was mich in Brügge erwartet, hätte ich die angenehme Ruhe sogar noch mehr genossen.


Brügge lockt mich hinterlistig ein sein Netz aus Gässchen. Vom Parkplatz am Minnewater aus, dort wo die Reie sich teilt und den eiförmigen Stadtkern umschließt, treffe ich den Tourguide und hänge zu Beginn des Spaziergangs an seinen Lippen. Quer durch den Beginenhof bewundere ich die herrlichen Backsteingebäude, die weiß getünchten Häuschen und die parkähnliche Anlage. Wunderbar.

Hinter dem Beginenhof bricht sie dann los, meine persönliche Hölle: Menschen soweit das Auge reicht. Als stünde ich auf einem Fließband werde ich an der Liebfrauenkirche und der Kathedrale St. Salvator vorbeigeschoben. Das menschliche Fließband spuckt mich auf dem großen Marktplatz aus. Instinktiv klemme ich meine Handtasche fest unter den Arm und drücke die Kamera beschützend an mich.


Wow! Man kann anhand der Häusergiebel erahnen, dass sich die UNESCO etwas dabei gedacht hat, als sie den mittelalterlichen Stadtkern zum Weltkulturerbe erklärt hat. Den Stadtführer verstehe ich nur noch bruchstückhaft. Irgendwas von fünf Millionen Besuchern im Jahr erzählt er. Ja. Das glaube ich ihm aufs Wort. Scheinen alle da zu sein … heute.

Mister Fantastic des Heldenteams hat mich schwer beeindruckt, aber auch ein bisschen erschreckt. Tourismus kann ein Segen, aber auch ein Fluch sein. Vielleicht ist es manchmal aber auch einfach eine Frage des Timings. Was suche ich mir auch das erste Mai-Wochenende für einen Besuch aus? Ich möchte ihn nochmals besuchen, dann aber mit Übernachtung in Brügge anstatt Antwerpen. Es muss herrlich sein, wenn sich die Stadt abends lehrt und die ganzen Tagesausflügler sich nach Hause trollen. Eine romantische Kutschfahrt durch die mittelalterlichen Gassen. Ich schwelge jetzt schon in Träumen für meinen nächsten Besuch.


Wer den Kinofilm „Fantastic Four“ kennt, weiß, dass noch einer fehlt: Die „Human Torch“ (die menschliche Fackel).

„Belgische Super-Städte. Die Vierte. Uuuuuuund Action!“ Der kleine Regisseur in meinem Kopf jagt mich sonntags morgens gnadenlos aus den Federn des Antwerpener Hotels. Nach rund einer Stunde Fahrt sammelt mich die Stadtführerin auf den Stufen zum Atomium ein. Kurzes Händeschütteln, und schon prasseln alle möglichen Daten auf mich ein: Neun Kugeln, 102 Meter hoch… 165 millionenfache Vergrößerung eines Eisenkristalls. (An meine Freundin: „Ha! Sag ich doch!“)

Bevor wir in den Bus steigen sagt sie mit ihrem hinreißenden Französischen Akzent noch etwas von „…mein Gebiss…“ und berieselt mich dann auch schon weiter mit Zahlen: 82% aller Comic-Strips kommen aus Belgien. Aha!

Im Verwaltungsviertel wechseln sich zu Stein gewordene Steuerverschwendungen mit großen Baustellen ab. Die riesigen Keller-Ausschalungen lassen erahnen wieviel Steuergelder hier wieder im Boden vergraben werden. Sei’s drum. Das ändere ich heute nicht.

Endlich kommen wir in den alten Stadtkern. Vorbei an Standbildern von Don Quijote, Sancho Panza und Bela Bartok betreten wir nach wenigen Metern die Galeries Royales Saint-Hubert. Großartig.


Nicht nur die wunderbare Architektur, sondern auch die unzähligen Geschäfte mit Belgischer Schokolade locken verführerisch. Wie passend, dass wir am anderen Ende der Galerie nach links abbiegen, um in die Rue des Bouchers, die „Fressgasse“, zu kommen. Ein Restaurant neben dem anderen. Laut Stadtführerin zu touristisch, um gut zu sein, aber hey, ich BIN Touristin, ich stehe auf touristisches Essen (zumindest ab und an mal).

Die humorvolle Tour-Guide redet, berichtet, informiert und gibt sich wahnsinnig viel Mühe. Immer wieder spricht sie von „…mein Gebiss…“. Ich blicke sie freundlich lächelnd an und nicke. „Mhhh? Was will die denn ständig mit ihrem Gebiss?“ wundere ich mich.

Als wir dann an dem kleinen Brunnen stehen, und sie stolz durch die Menschentraube hindurch auf den kleinen Jungen zeigt, der im Bogen einen Wasserstrahl pullert, ist mir klar was sie meint. Nicht „mein Gebiss“, sondern „Männeken Pis“! Ahhhhhhhhhhhh, jetzt, ja! Schnell die obligatorischen Fotos geschossen, und dann weiter zum Grand Place.


Beeindruckend. Eine Fassade imposanter als die nächste. Auch hier hat die UNESCO den Stempel Weltkulturerbe aus der Schublade gekramt. Gildehäuser und Rathaus bilden ein spektakuläres Ensemble. Zum Glück hat es angefangen zu regnen, und die Touristenmassen trollen sich, während ich den Platz nochmals auf mich wirken lasse.

Erkenntnisse des Wochenendes:

1) Du bist nicht alleine auf der Welt. Andere wollen auch die Schönheiten der Welt entdecken.

2) Brügge und Brüssel. Ihr seht mich wieder!


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