Mindestens einmal im Jahr gönne ich mir eine Auszeit in einem -manchmal mehr, manchmal weniger- dekadentem Wellness-Hotel.
Ausgiebiges
Frühstück, Spaziergänge an der frischen Luft, entspannende Massage, reinigendes
Schwitzen in Sauna, Dampfbad und Co. Vielleicht abends ein Degustations-Menü.
Was so
genau macht denn eigentlich ein Hotel zu einem Wellness-Hotel? Frühstück und
Abendessen machen es selten aus. Zusatzleistungen wie Bademäntel, Spa-Bereiche,
Schwimmbäder und Saunen sind faktische Kriterien. Allerdings bewirbt so mancher
Hotelier eine Pfütze im Keller und ein Ein-Mann-Sauna-Zelt als
Wellness-Bereich.
Meinem
Unmut darüber mache ich jetzt hier einfach mal Luft:
Liebe Hoteliers dieser Welt,
natürlich sind die meisten Wochenend-Reisenden im Preissegment
100 bis 150 Euro pro Nase für zwei Übernachtungen mit Frühstück, durchaus
kompromissbereit.
Natürlich sind sich die meisten Ihrer Besucher darüber bewusst,
dass für einen gewissen Preis auch nur eine gewisse Leistung erwartet werden
kann. „Die Kirche im Dorf lassen“ nennt man das dann wohl.
Dennoch wissen Ihre Gäste aber sehr wohl, dass sie ihren
sogenannten Wellness-Bereich so oder so instand und sauber halten müssen, egal,
ob zwei oder zwanzig Gäste im Haus sind. Insofern wird sind wir uns hoffentlich
einig, dass eine gewisse Auslastung des Hauses sich positiv auf die Verteilung
ihrer ohnehin bestehenden Strukturkosten auswirkt. OK soweit?
DANN sind sie doch bitte auch so nett, und verarschen sie uns
–und ich hoffe, ich spreche für alle Wochenend-Wellness-Süchtigen dieser
Republik- doch auch nicht!
Es sollte Ihnen bewusst sein, dass wir in den meisten Fällen
durchaus Vergleiche ziehen können, und es Ihnen auf Dauer eher negatives Image
auf einschlägigen Bewertungsportalen einbringt, wenn sie nicht ehrlich die
Gegebenheiten im Hotel beschreiben.
Ist doch ganz klar: Wenn ich Wein erwarte und nur Cola bekomme,
bin ich sauer und beschwere mich. Erwarte ich Cola und bekomme Cola, ist alles
so wie es sein soll. Erwarte ich Cola und bekomme Wein, hat ihre Marketing-Abteilung
zwar gepennt, aber ich empfehle sie in den schillerndsten Beschreibungen an
Freunde, Bekannte, Verwandte und Kollegen weiter.
In diesem Sinne und mit freundlichen Grüßen,
Ihr letzter und vielleicht auch zukünftiger Gast
Meine
ganz persönliche „Must Have“-Wunschliste, damit ich mich rundum entSPAnnt
fühlen kann:
1) Eine ausreichend große (und eingeschaltete)
Sauna!
Eine Sauna nutzt nix, wenn sie nicht heiß ist. Eine Sauna nutzt
auch nix, wenn nur drei Personen (sitzend!) darin Platz haben, das
Wellness-Pauschalarrangement aber rund 20 saunierende Gäste für das Wochenende
angezogen hat. Da kann man noch so sehr versuchen die Saunagänge sinnvoll zu
staffeln, irgendwann hängt man dann Schulter an Schulter schwitzend aneinander.
Im Fachjargon nennt man das dann „Igittbäh!“ und
„Neinichmöchtenichtmehrnebendemganzkörperbehaartenmannsitzen“.
2) Mindestens zwei saubere, schimmelfreie Duschen!
Bitte dann noch mit funktionierendem Brausekopf und
regulierbarer Wassertemperatur. Jahaaaa. Was so simpel und selbstverständlich
klingt muss nicht zwangsläufig von dem Betreiber eines „Wellness“-Hotels als
ebensolches erachtet werden.
3) Sinnvolle Abtrennung des textilfreien Bereichs!
DA habe ich ja schon die lustigsten Dinger erlebt. Kommst aus
der Sauna, willst zur Dusche, und stehst plötzlich im Pool-Bereich. Allgemeines
Erstaunen und „Mama, die Frau da hat keinen Badeanzug.“ schreiende Kinder. Kein
Grund peinlich berührt zu sein, aber auch nicht wirklich prickelnd.
4) Ein Bademantel-Gang!
Nix ist schlimmer als mit Bademantel und –latschen auf die
Suche nach dem SPA Bereich zu sein, und dann festzustellen „Oh, ich muss quer
durch die Lobby.“ oder „Oh prima. Der Wellnessbereich ist hinterm Parkplatz in
einem gesonderten Gebäude“. Wenn ich mit Straßenkleidung vor einem Spint
hantieren möchte, gehe ich in die öffentliche Therme. Da muss ich kein
Wellness-Hotel buchen.
5) Ein sinnvoller Ruhebereich
Ruhe hat in dem Fall zwar auch zu einem großen Teil mit der
akustischen Ruhe zu tun, bezieht sich aber auch auf den Zustand des AusRUHEns.
Bequeme Liegen (oder auch Schaukeln … voooooll schön!), eine angenehme,
regulierbare Temperatur, Fenster zum Lüften, saubere (!) wohlriechende Decken
und Kissen, und im Idealfall ein wohliger Duft.
Mal
ehrlich? Ist das so schwer?
Nach
oben sind dem Wellness-Himmel keine Grenzen gesetzt:
6) Ein Tauchbecken!
Eine Dusche ist toll, aber ein Tauchbecken super. Allerdings
nur dann, wenn kein Igittbäh-Film auf der Oberfläche herumschwimmt und das
trübe Wasser nach Eau de Froschtümpel duftet.
7) Ein Trinkbrunnen!
Im paradiesischen Deutschland kommt Trinkwasser sogar aus dem
Wasserhahn. Wer schonmal an Plätzen dieser Welt war, wo schleimige, braune,
stinkende Brühe aus der Wasserhahn-ähnlichen Apparatur im Badezimmer tropft,
wird seither -so wie ich auch- das kühle, klare, geruchlose Nass, das morgens
im heimischen Badezimmer in den Zahnputzbecher fließt, anbeten und
allmorgendlich der übersinnlichen Macht, die uns erschaffen hat, für diesen
Luxus danken.
Warum also nicht eine Wasserleitung in den vermeintlichen
Wellness-Bereich legen, ein paar schicke, billige Ikea-Gläser (oder von mir aus
auch Hengstenberg Senf-Kristall) daneben platzieren und den saunierenden Gast
mit dieser erfreulichen Aufmerksamkeit beglücken.
Ich schwärme heute noch von dem Kempinski, in dem im
Wellnessbereich drei Karaffen mit Trinkwasser (mutmaßlich aus der Leitung)
parat standen. Eine Karaffe enthielt zusätzlich Gurken-, eine Orangen- und eine
Zitronen-Scheiben. Nicht nur dekorativ, sondern auch saulecker.
Und für die Marketing-Überflieger unter den Hotel-Managern
bietet sich eine Kooperation mit einem lokalen Quell-Wasser-Abfüller an, der
hier sein Produkt promoten darf. Klassischer Fall von „Win Win“.
8) Ablagemöglichkeiten für den Schmöker
zwischendurch und genügend Handtuch- und Bademantel-Haken an der
Wand sind nicht nur clever, sondern smart. An den Billig-Teilen der Ausstattung
zu sparen rächt sich in der Regel.
9) Während des Aufenthalts mit einer wohltuende
Massage und/oder Kosmetikbehandlung verwöhnt zu werden, kann die
Vorfreude auf den abendlichen Aperitif durchaus steigern. Hier spielt der
menschliche Faktor nicht eine unerhebliche Rolle. Auch hier könnte ich mich in
Anekdoten verlieren. Von geschwätzigen Masseuren, die während der Massage ihre persönlichen
Beziehungsprobleme mit dem Kunden thematisieren möchten, über patzige
Physio-Therapeutinnen, die im Befehlston das Anfassen der Bedieneinheit einer
Hydro-Jet-Massage-Liege verbieten, bis hin zu übellaunigen Kosmetikerin, die
sich knurrend bei der Maniküre über die schiefen Finger und Nägel der Kundin
auslässt (Tschuldigung liebe Kosmetikerin. Wer als Kind in frühem Alter ein
Musikinstrument gelernt hat, hat oft leicht krumme Fingerchen.) Alles nicht
prickelnd, aber alles irgendwie noch menschlich. Was aber wirklich gar nicht
geht, ist die Kosmetikerin, die sich mit ihrem Nikotin-Atem nach dem
Pausen-Kippchen dicht über mein Gesicht beugt. Wieder ein Fall von „Igittbäh!“.
Und noch was: Kippe-Atem vermischt mit Pfefferminz riecht auch bäh!
Um
sich vom Entspannungstempel und dem Wellness-Himmel deutlich als Spa-radies
abzuheben kann man sich folgender neckischer Einrichtungen bedienen:
10) Ein Eisbrunnen!
Aus der Sauna kommen, kalt abduschen/-tauchen und dann nochmal
mit einer Hand voll flockigem, frisch gerieseltem Schnee die Lebensgeister des
eigenen Blutkreislaufs herauskitzeln. Herrlich. Da weiß man, dass man lebt. Das
funktioniert wahlweise in einem schneereichen Winter in einem
Sauna-Außenbereich, oder ganzjährig in einer Sauna-Anlage der Luxusklasse mit
eigenem Eisbrunnen. Hachja… Dekadenz kann so schön sein.
11) Dampfbäder, verschieden heiße/feuchte Saunen
und ein funktional gestalteter Außenbereich!
Klar. Die Vielfalt trennt die Preis-Leistungs-Spreu oft vom
Luxus-Weizen. Wenn einem nach zwei vollen Tagen Wellness an einem grauen
Novembertag noch nicht langweilig ist und man immer noch eine Tür zu einer
Klimazone entdeckt, die man noch nicht ausprobiert hat, dann wähnt man sich
vielleicht wirklich im Spa-radies?!
12) Sole-Grotte!
Meine persönliche Kirsche auf der Sauna-Honig-Torte. Eine
Solegrotte mit Unterwassermusik und kleinen Lichtwechsel-LEDs an Wänden und
Decke und unter Wasser. Die mahnenden Worte des Reisebgeleiters „Komm jetzt
endlich mal da raus. Du bist schon ganz schrumpelig“ ignorieren und weiter im
pipiwarmen Wasser wie in Mamas Bauch floaten. Wenn ich könnte, ich würde hier
einziehen und zum Salinenkrebschen mutieren, damit ich nie mehr hier raus muss.
Ein Traum.
Was habe
ich vergessen? Kommentare mehr als willkommen, sogar erwünscht.
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